Wegen der Corona-Krise haben viele Unternehmer Kurzarbeit angemeldet. Welche Folgen hat Kurzarbeit auf die Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern?
Zunächst ist festzustellen, dass Urlaub auch während der Kurzarbeit genommen werden kann. Doch kann der Arbeitnehmer auch verpflichtet werden seinen Urlaub einzusetzen? Ist eine Kürzung des Jahresurlaubs und des Urlaubsentgelts erlaubt?
Sinn und Zweck der Kurzarbeit liegt in der Sicherung von Arbeitsplätzen. Somit soll Kurzarbeit nur dann angeordnet werden, wenn der Arbeitsausfall nicht vermeidbar ist. Zuvor muss der Arbeitgeber alles getan haben um einen Arbeitsausfall in seinem Betrieb zu vermeiden. Ob der Arbeitgeber neben dem Abbau von Überstunden auch den Einsatz von Urlaub fordern darf um einen Arbeitsausfall zu vermeiden, ist fraglich.
Hierbei muss zwischen Urlaub aus dem Vorjahr und dem aktuellen Jahr differenziert werden. Hinsichtlich des Resturlaubs aus dem Vorjahr darf der Arbeitgeber den Einsatz von Resturlaub fordern, um einen drohenden Arbeitsausfall zu vermeiden. Der Bezug von Kurzarbeitergeld kommt daher grundsätzlich erst nach Einsatz des Resturlaubs aus dem Vorjahr in Betracht. Dies gilt nur dann nicht, wenn vorrangige Urlaubswünsche zur anderweitigen Nutzung des Resturlaubs entgegenstehen. In diesem Fall überwiegen ausnahmsweise die Interessen des Arbeitnehmers.
Urlaub aus dem aktuellen Kalenderjahr muss hingegen nicht zur Vermeidung von Kurzarbeit eingesetzt werden. Da die individuellen Urlaubswünsche der Arbeitnehmer mit Kindern in der Corona-Krise besonders schützenswert sind, existiert eine entsprechende Forderung der Bundesagentur für Arbeit für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2020 nicht. Aufgrund der besonderen Herausforderung im Zusammenhang mit der Schließung von Kitas und Schulen, sollen Eltern Ihren Urlaub zur Organisation der Betreuung ihrer Kinder nutzen können.
Kurzarbeit kann dazu führen, dass sich der Jahresurlaub verkürzt. Für die Dauer der Kurzarbeit im Unternehmen darf der Anspruch auf Urlaub zeitlich entsprechend der Arbeitszeit gekürzt werden. Nach Auffassung des EuGH sind Arbeitnehmer in Kurzarbeit mit "vorübergehend teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern" zu vergleichen. Hiernach verringert sich der Urlaubsanspruch zeitlich in dem Umfang, in welchem weniger oder gar keine Arbeit geleistet wird. Dies gilt bis hin zum Wegfall von Urlaubsansprüchen bei Kurzarbeit "Null", wenn also aufgrund der angeordneten Kurzarbeit überhaupt keine Arbeitspflicht besteht.
Der EuGH hat bereits in seinem "Tirol-Urteil" entschieden, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub für eine Zeit der Teilzeitbeschäftigung im Verhältnis zur Arbeitszeitverkürzung reduziert werden kann. Ungeklärt bleibt aber, ob diese anteilige Reduzierung bzw. der Wegfall von Urlaubsansprüchen während der Kurzarbeit automatisch erfolgt, oder ob der Arbeitsvertrag bzw. eine Betriebsvereinbarung hierzu eine ausdrückliche Regelung erfordert. Eine ausdrückliche Regelung über die anteilige Reduzierung und den Wegfall von Urlaubsansprüchen ist bis zur Klärung der Rechtslage unbedingt zu empfehlen.
Das Urlaubsentgelt berechnet sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn. Wenn es hier durch die Einführung von Kurzarbeit zu Verdienstkürzungen kommt, bleiben diese für die Berechnung außer Betracht. Kurzarbeit wirkt sich somit grundsätzlich nicht negativ auf die Berechnung des Urlaubsentgelts eines Arbeitnehmers aus.
Zwar kann der Anspruch auf Urlaubsentgelt nach dem Bundesurlaubsgesetzt (BUrlG) durch den Tarifvertrag eingeschränkt werden. Die Vergütung des Urlaubs darf jedoch nicht das üblicherweise gezahlte Arbeitsentgelt für den unionsrechtlich garantierten Mindesturlaub unterschreiten.
Nach Unionsrecht hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen. Nach Auffassung des EuGH soll der Arbeitnehmer durch die Zahlung des Urlaubsentgelts während seines Jahresurlaubs finanziell in die gleiche Lage versetzt werden, wie in den Zeiten geleisteter Arbeit. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass der Arbeitnehmer seinen bezahlten Jahresurlaub aus diesem Grund nicht nimmt.
Der Arbeitgeber muss das Urlaubsentgelt nur für die Dauer des unionsrechtlich vorgesehenen Mindestjahresurlaubs zahlen. Nicht aber für darüber hinausgehenden Jahresurlaub, der dem Arbeitnehmer nach nationalen Gesetzen zusteht.
Während angeordneter Kurzarbeit kommt eine Kürzung des Jahresurlaubs grundsätzlich in Betracht. Gleichzeitig darf die Vergütung des Urlaubs nicht das üblicherweise gezahlte Arbeitsentgelt für den unionsrechtlich garantierten Mindesturlaub unterschreiten.
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